Gesellschaft für außergewöhnliche Ideen
Philipp Schreck:
Brücken für die Ewigkeit

Philipp Schreck: Die Zukunft deutscher Spannbetonbrücken
Anarchie ist machbar: fast fertiggestellt 
und sofort gesprengt: 
die Wilgartswiesener Brücke bei Pirmasens

Das Wilhelm-Busch-Wort "Ritzeratze, voller Tücke, in die Brücke eine Lücke" wird von der westdeutschen Bauindustrie seit Mitte der sechziger Jahre geräuschlos und trickreich in die Tat umgesetzt. Die bösen "Buben" der Beton-Mafia schufen ein narrensicheres System, das ihre Baukonjunktur in Schwung hält, verlottertes und vertrotteltes Beamtentum nicht auffliegen und die Bauindustrie abkassieren läßt, da Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten werden. Vor noch nicht so langer Zeit wären diese "Baumeister" geköpft worden.
Wer heute kostengünstigere Brücken "für die Ewigkeit" bauen kann, wird verleumdet und kaltgestellt. Wenn dieser Baumeister auch noch den Schwindel der Beton-Mafia nachweist, wird er vor Gericht gestellt und auf seinen Geisteszustand hin untersucht.

(Zu diesem Kapitel aus dem "Galilei Syndrom" erstellte das Bundesverkehrsministerium ein umfangreiches "Gutachten", das seit Jahren als Geheimdossier kursiert. Der Autor des "Galilei Syndroms" erhält dieses "Gutachten" jedoch nicht. Es sei nur für den internen Dienstgebrauch). 

Aus: "Das Galilei Syndrom - 
         Unterdrückte Erfindungen und Entdeckungen" (1991)

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Eingestürzte Autobahnbrücke bei Aschaffenburg: "Baun 'mer mal, dann schaun 'mer mal"

Des Kapitels über den deutschen Brückenbau aus dem "Galilei Syndrom"  nahm sich im Jahre 1995 auch Der Spiegel an. 
In der Nr. 34 berichtete er ab Seite 142 unter dem Titel:

"Ein gewisses Gottvertrauen"

Es bröselt, rostet und reißt - viele Brücken in Deutschland sind vorzeitig verschliessen. Die Fehler entstanden im Bauboom nach dem zweiten Weltkrieg: Die Spannbetonbauer wußten zuwenig über die Tücken dieser eleganten Bauweise, sie bauten zu schnell und nicht selten schlampig.

Knapp 34000 Brücken überspannen Deutschlands Flüsse und Täler, Gleisanlagen, Feldwege und Kanäle. Sie sind nach Ansicht des Bundesverkehrsministerium (BMV) die "empfindlichsten und kostspieligsten Bestandteile" des 622 600 Kilometer langen Netzes von Land-, Kreis-, Bundesstraßen und Autobahnen.
Rund 400 Millionen Mark werden in diesem Jahr für die Erhaltung der Brückenbauwerke aufgewendet. Doch reicht diese Summe? Fachleute bezweifeln es. In den zuständigen Ministerien und Bauverwaltung ist die Rede vom "erkrankten Verkehrskörper", vom "Patienten Brücke" und von "Zeitbomben aus Stahl und Beton". Dem Straßenverkehr drohe, wenn schadhafte Brücken gesperrt werden müssen, der Kollaps, in dessen Folge Deutschlands Autofahrer "lernen müssen, mit dem Stau zu leben". Die Volkswirtschaft tue gut daran, sich auf "schwerwiegende Behinderungen" einzustellen.

Zwar sei keine Brücke in Deutschland „derzeit eine Todesfalle“, sagt Albert Treitwein, Professor für Stahlbeton und Spannbeton an der Münchner Fachhochschule. „Tatsache“ sei jedoch, daß es „sehr, sehr viele malade Brücken“ gebe.
Andere Experten äußern sich noch widersprüchlicher. „Akut ist wohl keine Brücke vom Einsturz bedroht“, versichert Johannes Vielhaber, Ingenieur der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. „Andererseits“, so Vielhaber, „auszuschließen ist es auch nicht.“ Welche Gefahren und Kosten mit dem plötzlichen Einbruch von Brücken und vergleichbaren Betonbauwerken verbunden sind, machen vergangene Beispiele deutlich:
1976 mußte die damals erst 18 Jahre alte Autobahnbrücke am Heerdter Dreieck durch Hilfstützen vor dem „Beinahe-Einsturz“ bewahrt werden. 1979 wurde die erst 20 Jahre alte
Stadtautobahnbrücke im Berliner Stadtteil Schmargendorf (Länge: 300 Meter, Baukosten: 6 Millionen Mark) abgerissen und durch einen 71 Millionen Mark teuren Neubau ersetzt.
1980 krachte das Spannbetondach der Berliner Kongreßhalle (Baujahr 1957) zusammen und erschlug einen Rundfunk-Reporter. „Eine größere Anzahl“ der Stahltrossen, die das flügelhaft gespannte Betondach in der Schwebe hielten, war gerissen – so die Analyse der Unfallforscher.
1988 brach schon beim Bau einer Autobahnbrücke über den Main bei Aschaffenburg ein 24 Meter langes Teilstück ab, ein Mann kam dabei ums Leben.
1990 sackte die Inntal-Autobahnbrücke bei Kufstein ein, die Reparatur dauerte zwei Jahre und kostete knapp 50 Millionen Mark.
Die Vergangenheit, so scheint es, beginnt Deutschlands Brückenbauer einzuholen:
Was mittlerweile an vielen Stellen bröselt, rostet und wegbricht, wurde meist in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik errichtet.
Mehr als 10 000 Brücken sind seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland gebaut worden, die meisten von ihnen nach einem Verfahren, das die deutschen Brückenbauer ohne viel Erfahrung gleichsam direkt aus der Erfinderwerkstatt übernommen hatten: die
Technik des Spannbetonbaus.
Entwickelt wurde diese Bauweise von dem französischen Ingenieur Eugene
Freyssinet. Er baute seine ersten Spannbetonbrücken in Deutschland, 1938 über die Autobahn bei Oelde und 1942 über die Glatzer Neiße im heutigen Polen. Beide Brücken zeigen bis heute, sagt der Brückenbauer Philipp Schreck aus dem Münchner Vorort
Neubiberg, „keine Alterserscheinungen, der Beton ist fest, ohne Risse und die Vorspannung intakt“.
Freyssinet hatte in die Brückenträger unter den Fahrbahnen Hüllrohre verlegt, in denen Stahlseile verlaufen. Sie wurden nach dem Erhärten des Betons gespannt und gegen diesen verankert, wobei sich die Zugkräfte der Seile auf den Beton übertrugen. Um die Vorspannung zu festigen, wurde zudem Zementmörtel in die Hüllrohre gepreßt.
Die Spannbetonbauweise bot eine Reihe von Vorteilen, von denen sich aus heutiger Sicht die Nachkriegsbaumeister offenbar blenden ließen. Gegenüber herkömmlichen Stahlkonstruktionen waren die Brücken aus Spannbeton um etwa 40 Prozent billiger. Und im Vergleich zu den klobigen Stahlbetonbrücken, deren Fahrbahnbeton mit
Drahtmatten gefestigt wurde (Fachjargon: „schlaffe Bewehrung“), erlaubte die neue Technik ästhetisch schöne Brückenschläge großer Spannweiten.
Kühn und elegant, die danach zumeist auch frei von Rissen blieben. Auf jeweils
zwei Pfeilern ruhend, konnte sich jedes Teil unter den „Lastfällen“ (Ingenieur-
Jargon) Temperatur, Wind und Verkehr innerhalb des zulässigen Spielraums frei verformen.
Bei der Anwendung des Spannbetons schritten die deutschen Brückenbauer
forsch voran. Trotz „erheblicher Wissenslücken“ (Vielhaber) und ohne ausreichende Kenntnis der „chemisch-physikalischen Grundlagen“ (Treitwein), die dem neuen Verfahren anhafteten, schlugen die Nachkriegsbaumeister frohgemut Hunderte von Brücken, meist nach dem Motto: „Baun ’mer mal, dann schaun ’mer mal.“
Besonders eifrig war der Stuttgarter Massivbauprofessor Fritz Leonhardt. Er entwickelte die Technik der „Hohlkasten-Durchlaufträgerbrücken im Taktschiebeverfahren“.
Bei dieser Methode wird der Brückenträger samt Fahrbahn, ähnlich einer Lasagne-Schlange aus der Pasta-Maschine, abschnittweise um etwa 30 Meter verlängert und mit hydraulischen Pressen über die Stützpfeiler der Brücke vorgeschoben.
Als ein Problem dieser Bauten gilt inzwischen, daß der unter der Fahrbahn verlaufende Brückenträger vergleichsweise groß bemessen ist – Risse im Beton ließen sich dadurch nicht vermeiden.
Sie entstanden einerseits durch unsachgemäße Vorspannung, andererseits durch die Temperaturunterschiede zwischen der Ober- und Unterseite des Brückenträgers, die durch die Abbindewärme des Betons und durch die Sonnenbestrahlung hervorgerufen wurden.
Dar über hinaus taten sich Risse in den vorgespannten Durchlaufträgern beidseits
der Stellen auf, wo diese auf den Pfeilern auflagen.
Ein Riß im Brückenbeton aber, macht Brückenbauer Schreck unter Hinweis auf die Erfahrungen im Flugzeugbau geltend, ist „der Anfang vom Ende – er leitet den Dauerbruch ein“.
Durch die Betonritzen, die sich durch das Temperaturgefälle und die Verkehrsbelastung
beständig öffnen und zusammenziehen, dringt Wasser ein, mal als Regen, mal als mit Chemikalien versetztes Tauwasser. Die Feuchtigkeit kriecht in den Betonkörper und führt
allmählich zur Korrosion der Bewehrung.
Das Nagewerk des Rostes zeigte sich beispielhaft bei der Reparatur der von „Brückenpapst“ Leonhardt konzipierten Inntal-Autobahnbrücke: Alle Spannstähle waren durchgerostet.
Daß es um andere Talbrücken des Bundesautobahnnetzes möglicherweise nicht besser bestellt ist, zeigte sich schon Anfang der achtziger Jahre. Im Rahmen einer „Risikostudie“ hatten die Bonner Ministerien für Verkehr und für Forschung (BMFT) eine Reihe von Talbrücken untersuchen lassen.
Die Studie, deren Veröffentlichung über einen Vorabdruck zum Dienstgebrauch nicht hinauskam, gelangte zu dem Ergebnis, daß alle 55 inspizierten „Durchlaufträgerbrücken im Hohlkastenquerschnitt“ durchschnittlich alle zwölf Meter Risse aufwiesen. Gerissen
waren zudem sämtliche Koppel- und Arbeitsfugen der Brückenträger.
Die gemessenen Rißbreiten hätten, so Schreck, eigentlich eine „sofortige Sperrung
dieser Brücken“ erforderlich gemacht.
Doch die Bauherren und die Erbauer steuerten trotzig dagegen. „Ohne Risse geht es nicht“, befand etwa Baumeister Leonhardt und erklärte „solche Risse“ für „unschädlich“.
Hilflos bis naßforsch äußerten sich Mitglieder des Normenausschusses Bauwesen zu der Forderung, Spannbetonbrücken müßten rissefrei gebaut werden.
Die Einlassungen reichten, wie der Münchner Wirtschaftswissenschaftler und Buchautor Armin Witt schreibt, von der Aussage „Wir können doch die Erkenntnisse der Physik nicht in die Vorschriften aufnehmen“ bis hin zu der verblüffenden Feststellung: „Wenn wir
die Temperaturlastfälle in die Vorschriften aufnehmen, können wir keine Atomreaktordruckbehälter mehr aus Spannbeton bauen.“
Entsprechend dem schlechten Zustand, in dem sich ungezählte Brückenbauwerke
befinden, ist der Finanzbedarf für Reparaturen hoch. Allerdings klafft zwischen den veranschlagten Mitteln, die für die Erhaltung der „Brücken und anderer Ingenieurbauwerke der Bundesfernstraßen“ erforderlich wären, und den tatsächlich dafür aufgewendeten
Beträgen seit Anfang der achtziger Jahre eine Lücke von durchschnittlich 40 Prozent.
Zur Erhaltung der 1000 kommunalen Brücken in Hamburg hatte die Baubehörde der Hansestadt für das laufende Jahr rund 43 Millionen Mark angesetzt.
Bewilligt wurden aber nur 23 Millionen. „Der Fehlbetrag“, sagt Vielhaber von der BAM, „wird nach vorne rausgeschoben. Den müssen unsere Kinder bezahlen.“
Das Aufwand-Schubverfahren wird schon seit vielen Jahren angewendet. In Hamburg summiert sich der Fehlbetrag zwischen Soll und Ist mittlerweile auf 180 Millionen Mark.
Einigkeit herrscht unterdes bei den Kritikern der hemmungslosen Betongläubigkeit,
daß die „wissenschaftliche Bauforschung in Deutschland stark unterbelichtet ist“, so Hartmut Pohl, im BMFT bis Ende letzten Jahres für Sicherheitsfragen im Brückenbau zuständig.
Licht in dieses Dunkelfeld wollen nun Ingenieure der Bundesanstalt für Materialforschung mit einem Versuch bringen, der in den nächsten Wochen
anlaufen soll.
In der großen BAM-Prüfhalle in Berlin steht eine 18 Meter lange und 35 Tonnen schwere Fußgängerbrücke. Sie war vom Auftraggeber, der Deutschen Bahn, nicht akzeptiert worden, weil im Brückenträger haarfeine bis millimeterbreite Risse klafften.
Um die Auswirkung dieser Schäden zu erforschen, soll die Brücke vergleichbaren Belastungen ausgesetzt werden wie am vorgesehenen Standort. Den „Lastfall Sonnenbestrahlung“, beschreibt BAM-Prüfer Vielhaber die Versuchsanordnung, „simulieren wir mit der Einhausung eines Brückenabschnitts“:
Auf die Betondecke wird auf einer Fläche von zehn Quadratmetern ein unten offener Holzkasten gesetzt. Eingeblasene Heißluft erwärmt die Oberfläche auf rund 60 Grad, eine Temperatur, wie sie im Hochsommer auf Fahrbahnabdeckungen entsteht.
In einem zweiten Versuchsabschnitt wird dann der „Lastfall Verkehr“ nachgestellt. Zwei servohydraulische
Prüfzylinder senken sich auf die Betondecke und belasten die Brücke mit einem
Gewicht von je zehn Tonnen. Die wechselnden Lastfälle von Wärme, Kälte und Druck werden von Instrumenten erfaßt, die an den Rissen befestigt sind.
Mit diesem Versuch soll, so Vielhaber, geklärt werden, ob Schrecks Begriff vom „Dauerbruchvorgang, der sich durch Risse ankündigt“ und der aus der Flugzeugtechnik bekannt ist, auch im Bauwesen greift.
Darüber, daß Risse die Lebensdauer eines Bauwerks verkürzen, besteht unter den Experten, soweit sie von der deutschen Beton-Lobby unabhängig sind, kein Zweifel mehr.
„Selbstverständlich“ seien Brücken „ohne Risse zu bauen“, hatte auch das
Frankfurter Oberlandesgericht in einer Mängelklage gegen eine Brückenbaufirma
befunden und festgestellt, die Risse im Beton der Blasbachtalbrücke hätten „die auf 60 Jahre angesetzte Lebensdauer der Brücke auf 2 bis 5 Jahre verringert“.
Für die Ewigkeit hatten die Baumeister des Römischen Reiches die Brücken ihres 
80 000 Kilometer langen Straßennetzes konzipiert. Die ehrwürdigen Bauwerke wankten nicht einmal, als im Zweiten Weltkrieg ganze Panzerregimenter über sie hinwegrasselten.
Von solchen zeitlichen Dimensionen sind die deutschen Nachkriegsbauten offenbar weit entfernt. Immerhin: Eine Lebenszeit von 100 Jahren müßten, so der Bonner Regierungsdirektor Pohl, auch moderne Brückenkonstruktionen erreichen. Wenn aber, wie es nun vielerorts geschieht, „Brücken abgerissen werden müssen, weil sie den physikalischen Anforderungen nicht genügen“, so ist das nach Pohls Auffassung „eine
ausgemachte Schlamperei“.
Deren Ausmaß ist aktenkundig. Aus einer BMV-Dokumentation über „Schäden an Brücken und anderen Ingenieurbauwerken“ geht hervor, daß „50 Prozent aller festgestellten Schäden während der Bauausführung entstanden sind“.

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Himmel hilf. Mit steigenden Außentemperaturen im Sommer hatte niemand gerechnet. Wie wir aus gut unterrichteten Kreisen erfahren haben, spielen deutsche Ingenieure mit dem Gedanken, Greencarts für Regenmacher aus Schwarzafrika zu beantragen:

Vier Talbrücken der A 45 nicht tauglich für Hitze

WAZ HAMM. Kühl müsste er sein, dann würde das Autobahnamt Hamm mit weniger Sorge den Sommer erwarten. Denn: Vier Talbrücken an der A 45 sind nicht mehr hitzefest. 
Es geht um die Hangbrücke Eisern bei Siegen (220 Meter lang/35 Meter hoch/32 Jahre alt), die Talbrücke Lüdespert bei Drohlshagen (190/40/31), die Brücke Sürenhagen bei Hagen (252/30/32), und die Talbrücke Grotenbach bei Dortmund (175/15/28).
Das Problem, wie es Amtsleiter Henneken erklärt: "Die Hitze setzt die Bauwerke unter besondere Spannung. Zu große Erschütterung könnte den Zustand schnell verschlechtern."
Überholverbote und eventuell auch noch Tempolimits sollen die Brücke bis zur Sanierung (ab Herbst) entlasten.
WAZ, 25. April 2000
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Was ist nur aus der Organisation Todt geworden? 

ICE-Brücke abgerissen

Eine neue errichtete ICE-Brücke der Neubaustrecke Köln-Frankfurt mußte abgerissen werden. Zum zweiten mal 
in diesem Jahr. Erst im Januar musste bei Raunheim eine Brücke neu gebaut werden. Der Beton war nicht richtig gemischt worden.
az, 11. Juli 2000 S. 19
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Dokumente des Zeitgeschehens

Der Brückenbauer Philipp Schreck und seine Frau Marianne schrieben zum deutschen Desaster im Brückenbau am 10. Juli 2000 an den Bundespräsidenten Rau, an Kanzler Schröder, an Bundestagspräsidenten Thierse und an Frau Dr. Merkel diesen Brief:

Betr.: 
a) den "maroden Zustand der Bundesfernstraßen", die "westdeutschen Autobahnbrücken, bei deren Sicherheit geschludert wurde", und "die Rettungsstrategie" des Ministers Klimmt, Quelle: BMV, STERN vom 9. 3. 2000;
b) die "vier Talbrücken der A 45, die hitzeuntauglich sind", Quelle: Autobahnamt Hamm, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 25. 4. 2000; 
c) die "Autobahnbrücken, die zur Gefahr werden", Quelle: Österr. Baubehörden, Neue Kronenzeitung vom 11. 5. 2000 (Anmerkung: Der "deutsche Sonderweg" im Spannbetonbrückenbau wurde auch von Österreich beschritten);
d) die "10.000 Spannbetonbrücken in Deutschland, die marode sind'', weil "bei ihrem Bau die Temperaturlastfälle nicht berücksichtigt wurden", Quelle: Aussage eines Berliner Beamten vor laufender Kamera, SAT-l-Magezin PLANETOPIA vom 25. 6. 2000 
und
den Plan des Bundesministers für Verkehr, das "gesamte Bundesfernstraßennetz (Autobahnen, Bundesstraßen) schrittweise zu privatisieren und durch Mautgebühren zu finanzieren", BILD vom 6. 7. 2000, desgleichen "Süddeutsche Zeitung" vom selben Tage.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, 
sehr geehrter Herr Bundeskanzler, 
sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, 
sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

der Plan von Verkehrsminister Klimmt ist nicht neu. Auch Minister Krause wollte schon vor mehr als sieben Jahren das deutsche Fernstraßennetz an Privatleute verkaufen. Graf Lambsdorff erklärte damals: "Der Staat kann für die Finanzierung dieser Fernstraßen nicht mehr aufkommen".
Und der Gewerkschaftler Fritz Steinkühler kommentierte: "Man kann die Bonner Absicht nur als finanzpolitische Verzweiflungstat und verkehrstechnischen Offenbarungseid bezeichnen." (Süddeutsche Zeitung München vom 11. 2. 1993, Seite 1) 
Die beiden Herren hatten offenkundig keine Ahnung von den Besonderheiten der deutschen Verkehrspolitik und wußten deshalb nicht, was Herrn Krause bewegte.

Auf dem Betontag 1981 hatte MinRat Standfuß, Leiter der Brückenbauabteilung im BMV, erstmals öffentlich auf den bedrohlichen Zustand der deutschen Spannbetonbrücken hingewiesen, allerdings ohne die Ursache, die vorsätzlich erzeugten Risse in den Brücken, zu erwähnen. Für das Jahr 1983 wurde der Erhaltungsetat für die Bundesfernstraßen auf 2,21 Mrd. DM erhöht und 1986 auf mehr als 3 Mrd. pro Jahr (50 Mrd. DM für den Zeitraum von 1986 bis 2000). Damit wollte die Regierung Kohl die damals schon maroden Brücken der Reihe nach "erneuern" (Abriß und Neubau), wofür die SS 80, eine Stahlhilfsbrücke, von der Firma Krupp in mehreren Exemplaren gebaut und die "Rund-um-die-Uhr-Baustelle" propagiert wurde. 
Aus der "Erhaltung von Straßenbrücken - Eine vordringliche Aufgabe der Straßenbauverwaltung" - so lautete der Titel des Vortrags von MinRat Standfuß - bzw. aus der "Erneuerung", auch "Sanierung durch Ersatz" genannt, wurde nichts. Das veranlaßte Standfuß zu einem weiteren, noch dramatischeren Vortrag am 4. 10. 1990 anläßlich der Ausstellung "Berliner Brücken", in dem er "eine zu geringe Dotierung des Erhaltungsetats" beklagte und eine "schwerwiegende Behinderung der Wirtschaft" ankündigte. 
Im Januar 1992 zog Verkehrsminister Krause nach mit einem Hinweis auf den "erkrankten Verkehrskörper, der saniert werden muß, damit wir hinterher mit diesem Körper wieder geradeaus gehen können" - in einem Vortrag in München, über den die Süddeutsche Zeitung am 13. 1. 1992 berichtete. 
Fünf Monate später kündigte Krause das "Größte Straßenbauprogramm der Nachkriegsgeschichte" an: 11.000 km neuer Straßen, vornehmlich im Westen, zu erbauen in 15 Jahren (SPIEGEL vom 15. 6. 1992). Das waren unverkennbar die Ersatztrassen (für den "erkrankten Verkehrskörper"), die Professor König (langjähriger Risse-Reparatur-Spezialist des BMV) bereits 1988 bei einem Vortrag in der Bundeswehr-Univer- sität Neubiberg angekündigt hatte. 
Doch auch daraus wurde nichts, weil hierfür die 50 Mrd. (siehe oben) bei weitem nicht gereicht hätten. Deshalb die Klage des Herrn Standfuß über den "zu gering dotierten Erhaltungsetat", während er im gleichen Atemzug erklärte, 50 Mrd. DM ensprächen dem Neuwert aller Brücken an den Bundesfernstraßen. 
Als Minister Krause erkannt hatte, daß die Ersatztrassen nicht finanzierbar waren, versuchte er den "erkrankten Verkehrskörper" an Privat zu verkaufen. Als Kaufanreiz dienten Autobahngebühren, die gleichzeitig eingeführt werden sollten.
Doch die Käufer blieben aus. Deshalb wandte sich die Regierung Kohl wieder dem ursprünglichen Plan zu. Noch 1993 legte der Verkehrsminister, inzwischen Herr Wissmann, den Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen vor, in dem gleich 12.500 km neuer Straßen vorgesehen waren, nunmehr zu erbauen innerhalb von 5 Jahren. Daraus wurde natürlich erst recht nichts.

Inzwischen wurden die Brücken immer maroder. 1994 gab die Regierung Kohl bei der BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und Materialprüfung) in Berlin die Entwicklung von "Sicherungssystemen" in Auftrag, Einsturzwarnanlagen für "10.000 Betonbrücken aus der Nachkriegszeit, deren Zustand sich nach einer Studie des Bundesbauministeriums in immer kürzeren Zeitintervallen verschlechtert, weshalb Experten Katastrophen befürchten". ("Sicherungssysteme - Computer überwachen baufällige Brücken", Süddeutscher und Bayerischer Rundfunk, 11. 9. und 18. 12. 1994)

Es wurde wieder nichts. Rein technisch wäre die Sache möglich gewesen, sie scheiterte an der hohen Zahl der maroden Brücken und der Fülle der Risse, denn für jeden von ihnen hätte man einen Computer anordnen müssen, der den drohenden Einsturz rechtzeitig meldet (Auskunft des Leiters des Labors "Messen unter schwierigen Bedingungen" der BAM). Schon 1986 hatte der Deutsche Beton-Verein treuherzig erklärt, daß "Risse aus sicherheitstheoretischen Überlegungen erwünscht seien, weil sie durch Breiterwerden ein eventuelles Querschnittsversagen ankündigen", d.h. den Einsturz (Merkblatt des Deutschen Beton-Vereins, Ausgabe April 1986, Seite 4). Die Herren des Beton-Vereins bedachten nicht, daß auch die schönsten Risse als Einsturzindikatoren versagen, wenn keiner ihr Breiterwerden bemerkt.

Als die Sache mit dem Verkauf des "erkrankten Verkehrskörpers" schief gelaufen war und sich die Regierung Kohl wieder auf die "Sanierung durch Ersatz" bzw. den Bau der "Ersatztrassen" geworfen hatte, erschienen in den Medien immer häufiger Berichte über den "bröselnden Beton" und "die vorzeitig verschlissenen Brücken" etc., in denen viel von den zu schweren Lastern, dem zu dichten Verkehr und dem tückischen Tausalz die Rede war, kaum jedoch von den Rissen, die nach dem Willen der Brücken-Mafia schon bei der Herstellung der Brücken erzeugt wurden. 
Wie man dabei vorgehen mußte, wußten die Baufirmen seit langem, u.a. durch staatliche Forschungsaufträge aus den Jahren 1953 und 1973 über die risseerzeugende Wirkung der Temperaturlastfälle Abbindewärme des Betons und Sonnenbestrahlung in dicken Betonquerschnitten bzw. bei Verwendung des statischen Systems des Durchlaufträgers. Beim "deutschen Sonderweg" im Spannbetonbrückenbau werden in der Regel beide Konstruktionsmerkmale verwendet, insbesondere der Hohlkastenquerschnitt, der die höchsten Temperaturdifferenzen aus der Abbindewärme des Betons erhält und deshalb garantiert 1 bis 2 Tage nach dem Betonieren reißt. Das ist seit 1953 Stand des Wissens. Ganz unterschlagen wurde in allen Medienberichten die Tatsache, daß alle Spannbetonbrücken nach dem "deutschen Sonderweg" vorschriftswidrig sind, denn die Spannbetonvorschrift DIN 4227 fordert seit ihrer Erstausgabe im Jahre 1953 ein dauerhaft rissefreies Bauwerk; bei der statischen Berechnung sind auch die Zugspannungen aus den Temperaturbeanspruchungen nachzuweisen, damit Risse aus diesen Spannungen ausgeschlossen werden. Dieser Nachweis hätte - wenn er bei den Brücken nach dem "deutschen Sonderweg" geführt worden wäre - stets ergeben, daß schon bei der Herstellung mit Sicherheit Risse aus ungleich entweichender Abbindewärme auftreten. Deshalb wurde er nie geführt. 
Bis 1975 gelang es der Brücken-Mafia, die Risse weitgehend geheimzuhalten. Dann erklärte sie, die Risse in ihren Brücken seien unschädlich, weil man sie mit schlaffer Bewehrung dauerhaft auf eine unschädliche Breite beschränken könne. Das war 12 Jahre, nachdem ich mit meinem Aufsatz "Risse im Spannbeton und deren Ursachen" (Die Bautechnik, Heft 8/1963) nachgewiesen hatte, daß mit den Bauweisen des "deutschen Sonderwegs" der Spannbeton nicht erfindungsgemäß und damit auch nicht vorschriftsgerecht angewandt werden kann.
Den Forschungsauftrag des BMV, der dies schon 1953 ergeben hatte, kannte ich damals noch nicht. Er war vor der Fachwelt geheimgehalten worden (R. Bührer, Eisenbahnbrücken aus Spannbeton, Heft 112/ 1953 Deutscher Ausschuß für Stehlbeton). 
Mit den Medienberichten über den zunehmenden Verfall der Brücken bei gleichzeitiger Ausblendung der wirklichen Ursachen sollte die Bevölkerung auf den Bau der Ersatztrassen bzw. die "Erneuerung" der Brücken bei laufendem Verkehr vorbereitet werden. Exemplarisch ist hierfür ein Bericht in der ZEIT vom 16. 7. 1993 unter dem Titel "Achtung, Baustelle!". In ihm wird Landesbaudirektor Beck vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit der Aussage zitiert, die Deutschen sollten Baustellen als Bestandteil der Autobahn begreifen, "insbesondere, weil jetzt auch die ganzen Talbrücken erneuert werden müssen". 
Die sogennante freie Presse war inzwischen längst von der Politik unterwandert worden, so daß diese die Berichterstattung im vorliegenden Fall nach Belieben steuern konnte. In der Süddeutschen Zeitung vom 30./31. 1. 1993 heißt es hierzu in einem Beitrag mit dem Titel "Vor sechzig Jahren" (Seite 13): "Die politischen Parteien haben unteressen so gut wie alle wichtigen Entscheidungsebenen in Gesellschaft und Staat unter ihre Kontrolle gebracht." 
In der Süddeutschen Zeitung übt diese Kontrolle derzeit Dr. R.M. Gohlke aus, vormals zuständig für die Vergabe von Bauaufträgen für die Bundesbahn und wesentlich dafür verantwortlich, daß alle Spannbetonbrücken an den ICE-Strecken mit dem Hohlkastenquerschnitt ausgeführt wurden, dem sichersten Garanten für die Entstehung von Rissen aus der Abbindewärme des Betons. Ich konnte seinerzeit mit eigenen Augen beobachten, wie die Abgesandten der Brücken-Mafia um Herrn Gohlke herumtanzten wie um das goldene Kalb, was dann auch den gewünschten Erfolg hatte. Inzwischen haben die Risse in den ICE-Brücken solche Verformungen bewirkt, daß die Züge die Gleise auf den Brücken in Schwingungen versetzen, wie am 16. 2. 1999 mehrere Zeitungen, darunter die "Frankfurter Rundschau" und die "Hannoversche Allgemeine" meldeten.

Die Bahn AG nannte als Gründe Probleme mit dem Schotterbett bzw. gab an, man habe die Beanspruchungen durch die Züge erheblich unterschätzt. Einige Jahre vorher war die Bundesbahn privatisiert worden. Dazu hatte wohl auch die Erkenntnis beigetragen, daß der mit den Rissen ausgelöste Dauerbruchvorgang in den ICE-Brücken wesentlich schneller vor sich geht als in Straßenbrücken, weil dessen Geschwindigkeit nicht nur abhängig ist von der Zahl der verkehrsbedingten Lastwechsel, sondern auch von der Schwere der Fahrzeuge, die diese erzeugen. Denn jeder Lastwechsel - auch die durch Sonnenbestrahlung verursachten - bewirken eine Verbreiterung der Risse und läßt sie im Laufe der Zeit immer größer werden. Dies ist u.a. dokumentiert in der Risse-Reparatur-Verordnung des BMV, ZTV-Riß 88, Seite 7 und 13. 
Auch wenn der Bund noch immer die Aktien-Mehrheit an der Bahn AG hält, so wird doch diese allein zur Verantwortung gezogen werden, wenn es zu einem Brückeneinsturz kommen sollte, oder zu einem Entgleisen von Zügen infolge der zunehmenden Verformungen der Brückenträger. Mitte der 90er Jahre war Schluß mit den Berichten über den "bröckelnden Beton" und die "vorzeitig verschlissenen Spannbetonbrücken". Die Regierung Kohl hatte den Kampf gegen die Risse aufgegeben. 1995 erschien der "Zweite Bericht über Schäden an Bauwerken der Bundesverkehrswege", in dem auf Seite 34 mitgeteilt wird: "Für Brücken mehren sich die Fälle, in denen Fahrverbote bzw. gewichtsbeschränkende Beschilderungen angeordnet werden müssen, um die Verkehrs- und Standsicherheit (Sicherheit gegen Einsturz) zu gewährleisten."
Weiter oben wird mitgeteilt, daß die "Anpassung an die gestiegenen Belastungen viele Jahre und erhebliche Geldmittel beanspruchen (werde)", und daß dies "bei Brücken nur in Sonderfällen möglich sei". Das heißt im Klartext: Brücken müssen abgerissen werden. Zur Begründung wird außer den "gestiegenen Belastungen", die für eine vorschriftsgerechte, rissefreie Spannbetonbrücke ohne jede Bedeutung wären, die Lüge aufgetischt, deutsche Brücken seien bis Anfang der 60 er Jahre nach den alten Belastungsverschriften der 30er Jahre gebaut worden. 
Tatsächlich aber wurde die Brücklasse 60 (t) bereits im Juni 1952 eingeführt, als man gerade mit dem Spannbetonbrückenbau begonnen hatte. Das zulässige Gesamtgewicht der Laster beträgt derzeit 44 t. 
Der Verkehrsminister (Wissmann) mußte seine Behauptung zurücknehmen. Er entschuldigte sie mit einem Druckfehler. Weitere Erklärungen gab er nicht ab. 
Der freien deutschen Presse wurde nun von ihren politischen Aufsehern striktes Schweigen verordnet, das nur gelegentlich eine Provinzzeitung zu durchbrechen wagte, wie am 23. 6. 1998 die Mainpost in Würzburg. Sie brachte ein Bild der Mainbrücke Dettelbach mit der Unterschrift: "Tempo 80, 150 Meter Abstand halten, Überholverbot und eine Einengung der Fahrbahn". Ein Bild, das sich dem Autofahrer nicht nur hier auf der Dettelbacher Mainbrücke auf der A3 bietet, sondern bayern- und bundesweit immer häufiger vor Betonbrücken zu sehen ist. Der Grund: Bauschäden." 
Die Mainbrücke Dettelbach wurde inzwischen zur "Erneuerung" ausgeschrieben. Sie erreichte, wie die Mainbrücke Bettingen, die seit zwei Jahren "erneuert" wird, ein Lebensalter von rund 35 Jahren. 
Die politischen Parteien verlegten sich aufs Lügen und Täuschen und notfalls auch die Darstellung der "heilen deutschen Brückenwelt", wie z.B. auf drei parlamentarische Anfragen der Gruppe der PDS zum Thema Spannbetonbrücken in den Jahren 1996 und 1997. 
Anschließend wurde die PDS "ruhiggestellt", d.h. auch an den Tropf gehängt, der aus den abgesprochenen, überhöhten Baupreisen gespeist wird. 
In den letzten Jahren geschah dies weniger über Brücken-Neubauten, sondern über die immens teuren "Verstärkungen" und "Ertüchtigungen" (Einbau zusätzlicher Spannglieder) baufälliger Brücken, die nicht von den Verursachern, der Brücken-Mafia, bezahlt werden müssen, sondern von den Bürgern, die damit jährlich um dreistellige Millionensummen betrogen werden. 
Das Polit-System und die Brücken-Mafia igelten sich ein, verbarrikadierten sich im "Führerbunker" und flüchteten vor der Realität. Hierzu gibt es eine bezeichnende Geschichte. Einige Jahre, nachdem die BAM mit der Entwicklung der "Sicherungssysteme" beauftragt worden war, plante diese einen sogenannten Dauerversuch an einem 18 m langen Brückenträger, der für diesen Zweck von Markt-Oberdorf im Allgäu nach Berlin geschafft worden war. Mit diesem Versuch hätte man ermitteln können, in welchem Zeitraum der Dauerbruchvorgang, der mit den Rissen ausgelöst wird, abläuft. Doch genau dies sollte nicht bekannt werden. Das Wirtschaftsministerium, dem die BAM unterstellt ist, ordnete die Zerstörung des Brückenträgers an, bevor der Versuch stattfinden konnte (s. SPIEGEL Nr. 34/1995, S. 142, "Ein gewisses Gottvertrauen"). 
Zuletzt ließen Sie sich, meine Herren, - Sie, Frau Dr. Merkel, wußten davon vermutlich nichts - am 19. 11. 1999 vom Verkehrsministerium bestätigen, daß die deutschen Spannbetonbrücken im wesentlichen alle ohne Fehl und Tadel seien. Dies wurde auch mir über den Petitionsausschuß mitgeteilt, den ich gar nicht angerufen hatte, und der die "Ausführungen der Fachbehörde sehr überzeugend" fand. Dann aber änderte sich die Situation schlagartig, und zwar offenkundig auf Initiative derselben Baubehörden hin, bei denen Sie, bzw. das deutsche Polit-System immer die Lügen anforderten, mit denen Sie bzw. das deutsche Polit-System Ihre bzw. seine Untätigkeit im vorliegenden Fall zu rechtfertigen pflegen. 
Die Baubehörden hatten schon ab Anfang der 70er Jahre den "deutschen Sonderweg" mit zunehmender Sorge betrachtet.
1973 durchbrach Hans Pfohl von der BAST (Bundesanstalt für Straßenwesen, dem BMV zugehörig) die omertà mit einem Beitrag über "Risse an Koppelfugen von Spannbetonbrücken", Mitteilungen Institut für Bautechnik, Heft 6/1973. Koppelfugen gibt es nur an Brücken nach dem "deutschen Sonderweg". Weitere Versuche, diesen zu beenden, folgten, wie z.B. der Blasbachtalbrückenprozeß, mit dem die Baubehörden die Firmen der Brücken-Mafia in eine Falle lockten. 
Am 27. 5. 1981 verurteilte das OLG Frankfurt die Arge Blasbachtalbrücke zur Zahlung aller Folgekosten der Risse. Im Urteil steht der bemerkenswerte Satz: "Selbstverständlich sind die Vertragsparteien davon ausgegangen, daß die Beklagten eine Brücke ohne Risse erstellen." (OLG Frankfurt, AZ 17 U 82/80, BGH) 
Doch der Widerstand der Baubehörden war immer nur halbherzig und deshalb unwirksam. Das lag vor allem auch daran, daß sie selbst Bestandteil der Brücken-Mafia und in ihrer Kommando-Zentrale, dem Deutschen Ausschuß für Stahlbeton, zu einem Drittel vertreten waren. Sie waren es ja, die jahrzehntelang nur vorschriftswidrige Spannbetonbrücken ausgeschrieben und vorschriftsgerechte 1976 mit behördlichen Verordnungen verboten hatten. Erst zu Beginn dieses Jahres wagten es Vertreter der Baubehörden, die Dinge deutlicher auszusprechen. Das hat seinen Grund wohl weniger darin, daß sich deren moralische Substanz inzwischen entscheidend verbessert hat, sondern darin, daß immer mehr Brücken akut einsturzgefährdet sind, und die Baubeamten wissen: Wann immer es zu einer Katastrophe kommen wird, das Polit-System wird keine Sekunde zögern, ihnen die alleinige Schuid in die Schuhe zu schieben. 
In Anbetracht dessen, wie vorsichtig die Baubehörden in den vergangenen Jahrzehnten taktierten, ist das, was sie jetzt offen aussprechen, geradezu sensationell. Am deutlichsten wurde der Beamte, der in der Sendung "Planetopia" am 25. 6. 2000. so unumwunden zugab, daß beim Bau der deutschen Spannbetonbrücken stets die Temperaturlastfälle mißachtet wurden, wobei er einen Wert nannte, der aus einem meiner Aufsätze stammt. Deren Veröffentlichung wird zwar seit rund 20 Jahren durch die Zensur der Fachpresse verhindert, doch kursieren sie in Fach-, insbesonde- re in Behördenkreisen. An dieser Stelle ist ein kleiner Rückblick nötig.

Mitte der 80er Jahre stellte ich Antrag auf Präzisierung der Ziff. 6.8 der Spannbetonvorschrift DIN 4227-1, dergestalt, daß ihre stets praktizierte Mißachtung in Zukunft nicht mehr möglich gewesen wäre. Die Ziff. 6.8 der DIN 4227-1 fordert, daß "geeignete Maßnahmen zu ergreifen sind, wenn die Gefahr besteht, daß die Hydratationswärme (= Abbindewärme, P.S.) des Zements in dicken Betonteilen zu Rissen führt". Diese Forderung kann bei Brücken nach dem "deutschen Sonderweg" mit keiner "Maßnahme" eingehalten werden. 
Mein Antrag wurde in der 4. und letzten Instanz, dem Schiedsverfahren, am 12. 7. 1989 einstimmig angenommen. Das Schiedsgremium beauftragte mich mit der Neuformulierung der Ziff. 6.8. Als diese - gebilligt vom Schiedsgremium - Anfang 1991 vorlag, würgten Deutscher Ausschuß für Stahlbeton und Normenausschuß Bau die beschlossene Normenänderung kurzerhand ab, was einen eklatanten Verstoß gegen die Allgemeine DIN-Norm 820 darstellte. Sie wußten natürlich, daß diese Normenänderung gleichbedeutend mit dem Ende des Baus gerissener Spannbetonbrücken gewesen wäre. In den dem Schiedsverfahren vorausgehenden Verhandlungen hatten die Vertreter der Normenseite, allesamt zuverlässige Mitglieder der Brücken-Mafia, ungeniert erklärt, daß sie nur gerissene Spannbetonbrücken wollten, u.a. die Herren Professoren Goffin, Landesbauverwaltung Nordrhein-Westfalen, Jungwirth, Firma Dyckerhoff & Widmann, und Falkner, TU Braunscheig. Besonders interessant war der Einwand von Professor Zerna, Universität Bochum, daß man "die Ergebnisse der Physik doch nicht in eine Bauvorschrift aufnehmen (könne)".
Im Jahre 1972 promovierte Dipl.-Ing. Horst Schultz am Lehrstuhl Zerna mit einem "Beitrag zur Berechnung von Temperaturverteilung und Temperaturspannungen bei Reaktordruckbehältern". In seiner Dissertation wurden "die Ergebnisse der Physik" durchaus berücksichtigt. Doch was für den Doktorvater Zerna selbstverständlich war, galt nicht für das Mitglied Zerna des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton, weil er wußte, daß die Aufnahme der "Ergebnisse der Physik" in die Spannbetonvorschrift die Brücken-Mafia erledigt hätte.

Ziemlich genau siebeneinhalb Jahre nach dem ersten Versuch, das deutsche Fernstraßennetz zu privatisieren, wird diese "Endlösung" für den "erkrankten Verkehrskörper" von neuem angestrebt, wobei dieser inzwischen in den letzten Zügen liegt. Es ist kaum anzunehmen, daß deutsche Anleger Herrn Klimmt auf den Leim gehen. Sie hatten den Braten schon 1993 gerochen. Doch steht zu befürchten, daß sich ausländische Geldgeber finden, die nichtsahnend und gutgläubig in das Geschäft mit dem moribunden Verkehrskörper bzw. den maroden Spannbetonbrücken einsteigen. Wenn Herr Klimmt ein Ehrenmann ist, dann muß er vor der Privatisierung der deutschen Fernstraßen folgende Fakten öffentlich bekanntgeben: 
1. Alle deutschen Spannbetonbrücken wurden - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - vorschriftswidrig gebaut. Sie erlitten deshalb schon bei der Herstellung Risse, die ihre Lebensdauer auf wenige Jahrzehnte verkürzen. Nach Angabe ihrer Erbauer liegt diese Lebensdauer zwischen "ca. 50 Jahren" und "30 Jahren, in Einzelfällen auch weniger" im Tausalzbereich.
2. Informationen über Anzahl und Breite der Risse sowie ihr kontinuierliches Größerwerden, die sogenannten Brückendaten, werden vom deutschen Bundesministerium für Verkehr unter Verschluß gehalten und sind der breiteren deutschen Fachwelt unbekannt. Diese Geheimhaltung wurde 1986 in einem vom deutschen Bundesminister für Forschung und Technologie herausgegebenen Buch öffentlich gefordert: König u.a.; Spannbeton-Bewährung im Brückenbau, BMFT-Risiko- und Sicherheitsforschung, Seite 43 und 45. "Unbefugte", so heißt es hier, "dürfen keinen Zugriff zu den Daten haben".
3. Die Risse in den Brücken müssen regelmäßig von Brücken-Prüftrupps kontrolliert und ihr Größerwerden registriert werden. Wie dies zu geschehen hat, ist in der Risse-Reparatur-Verordnung ZTV-Riß 88, Tabelle Seite 7 festgelegt. 
4. Um die Brücken auf ihre "übliche Lebens- und Benutzungsdauer" von 50, bzw. 30 Jahre oder auch weniger zu bringen, müssen die Risse "saniert" werden (Verpressen mit Epoxidharz), bei fortgeschrittener Baufälligkeit der Brücken wird die "Ertüchtigung" bzw. "Verstärkung" notwendig (Einbau zusätzlicher Spannglieder), was in der Regel fast doppelt soviel kostet wie der Neubau. 
5. Katastrophen beim unvorhersehbaren Ende des durch die Risse ausgelösten Dauerbruchvorgangs sind nicht auszuschließen, wobei dann "in Verbindung mit dem Kostenmodell eine Quantifizierung von Menschenleben impliziert ist" ("Risikostudie Talbrücken, BMFT 1984, Teil A, Seite 9.18). Ferner heißt es in dieser Studie, a.a.O.: "Dies ist eine Problematik, die bekannt ist, sich aber nicht umgehen läßt." Für die Spannbetonbrücken nach dem "deutschen Sonderweg" trifft diese Aussage zu.

Wenn Herr Klimmt diese Tatsachen bekanntgibt, wird er keinen Käufer für das deutsche Fernstraßennetz finden, weil jeder sofort erkennt, daß das feilgebotene Objekt nicht nur wertlos ist, sondern er damit auch eine Verantwortung übernimmt, der er gar nicht gerecht werden kann. Daraus folgert, daß der Bundesminister für Verkehr, wenn er das deutsche Fernstraßennetz veräußern will, sich verhalten muß wie ein Roßtäuscher und Trickbetrüger oder ein unseriöser Gebrauchtwagenhändler, der ein Auto verkauft, von dem er ganz genau weiß, daß es nach wenigen Kilometern den Geist aufgibt und nur noch Schrottwert hat. Die maroden Brücken an den deutschen Fernstraßen aber haben nicht einmal Schrottwert, weil Beton nicht recycelbar ist. Dafür ist die Entsorgung, der sogenannte "Rückbau", umso kostspieliger. 
Die in seinem Ministerium unter Verschluß gehaltenen "Brückendaten" müßte Herr Klimmt dann vorsorglich verschwinden oder löschen lassen, wie dies vor knapp zwei Jahren im Bundeskanzleramt praktiziert wurde.

Den Bankrott, vor dem der Bundesminister für Verkehr jetzt steht, hat das deutsche Polit-System wissentlich herbeigeführt, indem es über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten mit einer kriminellen Vereinigung, der Brücken-Mafia paktierte, die ihr bei der illegalen Geldbeschaffung über Bauaufträge behilflich war. Um sich der Brücken-Mafia gefällig zu zeigen, setzte das deutsche Polit-System den Rechtsstaat und die Regeln der Demokratie außer Kraft, neben der Geheimhaltung der "Brückendaten" die Befreiung der Brücken-Mafia von jeglicher Haftung für die Folgen der Risse. Hinzu kam eine fortgesetzte Strafvereitelung - Staatsanwälten wurde verboten, gegen die Brücken-Mafia vorzugehen - und die Weigerung, eine Klage vor Gericht zuzulassen, wenn Verdacht auf Ausschreibungs- oder Vergabebetrug besteht. Die EG-Richtlinie, die seit langem auch bei Aufträgen der öffentlichen Hand den Zugang zu den Gerichten fordert, wurde bis jetzt nicht eingeführt. Schließlich brachten die politischen Parteien Deutschlands auch die Medien unter ihre Kontrolle, was die Süddeutsche Zeitung schon 1993 beklagte (s. oben) und konnten dadurch die Berichterstattung über die deutschen Spannbetonbrücken nach Belieben steuern.

Abschließend möchte ich Ihnen noch einmal vor Augen führen, auf welchem Niveau sich die Leute bewegen, mit denen Sie und das gesamte deutsche Polit-System sich eingelassen haben. Dies betrifft vor allem Sie, Frau Dr. Merkel, weil Sie als Naturwissenschaftlerin in besonderer Weise ermessen können, wie schamlos und plump die Agenten der Brücken-Mafia vorgingen. Als Beispiel wähle ich Professor Gert König, den langjährigen Risse-Reparatur-Spezialisten des Bundesverkehrsministeri- ums, den Mann fürs Grobe, der jede "wissenschaftliche Erkenntnis" lieferte, die bei ihm bestellt wurde. 
1973/1976: König soll im Auftrag des BMV "nachweisen", daß der Lastfall Sonnenbestrahlung auch in einer Brücke nach dem "deutschen Sonderweg" keine Risse erzeugen kann. Er und sein Doktorand Zichner manipulieren die Temperaturdifferenz aus Sonnenbestrahlung von 33°C, die seit 1965 Stand des Wissens ist, auf 5°C herunter. Dann stellt sich heraus, daß die hieraus resultierenden Zugspannungen zusammen mit den lastabhängigen Spannungen (Eigengewicht und Verkehr) genügen, um Risse zu erzeugen. König/Zichner geben zu, daß aufgrund dieses Ergebnisses "die meisten Brücken in ihrer ausgeführten Konzeption nicht mehr möglich wären". Der angebliche Forschungsauftrag wird zunächst zurückgehalten, um der Brücken-Mafia Gelegenheit zu geben, auf dem Betontag 1975 die Falschlehre vom "unvermeidlichen aber unschädlichen Riß im Spannbeton" in die Welt zu setzen. Ein Jahr später erscheint dann die König/Zichner Arbeit. Sie schließt mit der überraschenden "Erkenntnis": "Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß die aus Temperaturdifferenzen resultierenden Beanspruchungen nicht für die Sicherheit des Bauwerks von Bedeutung sind, da sie sich nach Auftreten von Rissen sehr schnell abbauen..." (Zichner, Temperaturunterschied infolge Witterungseinfluß, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik Heft 212/1976, herausgegeben vom Bundesminister für Verkehr, S. 44). 
1978: König wird alleiniger Sachverständiger in dem bereits erwähnten Blasbachtalbrückenprozeß. In Übereinstimmung mit der im Auftrag des BMV klagenden hessischen Landesbauverwaltung definiert er Risse als "Mängel, die den Korrosionsschutz der Spannbewehrung aufheben und schließlich den Einsturz der Brücke herbeiführen". Im übrigen behauptet König, das Problem der Risse im Spannbeton sei erst vor einigen Jahren aufgetaucht, und die Untersuchungen hierüber noch nicht abgeschlossen, doch habe man das Probleme inzwischen durch verschärfte Vorschriften (zusätzliche schlaffe Bewehrung) im Griff. 
Damit unterschlägt König den gesamten Stand des Wissens über das Risseproblem im Spannbeton seit 1953. (Urteil des OLG Frankfurt vom 27. 5. 1981, AZ 17 U 82/80, BGH) 
1984: Im Februar 1984 erscheint die "Risikostudie Talbrücken" in einem Vorabdruck. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Forschung und Technologie in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsministerium, das die Schadensdaten liefert. Auftragnehmer ist Professor König. In Teil A, Seite 5.18, heißt es: "Typische Dauerhaftigkeitsschäden, die die Lebensdauer verringern, sind Risse und 'Materialumwandlungen'. bei Stahl Korrosionen." Der Datenteil C, der allein Aufschluß geben kann über Anzahl und Größe der "typischen Dauerhaftigkeitsschäden Risse", ist chiffriert. 
Nachdem mir die Dechiffrierung gelungen war, wird die "Risikostudie Talbrücken" sofort aus dem Verkehr gezogen. 
1986: Statt der "Risikostudie Talbrücken" erscheint das Buch "Spannbeton: Bewährung im Brückenbau" in der Reihe "BMFT-Risiko- und Sicherheitsforschung". Hauptautor ist König. Auf Seite 295 heißt es: "Risse im Beton stellen nicht generell Mängel dar." Eine Unterscheidung zwischen Spannbeton = Beton missefreier Beton im Zustand I, und Stahlbeton = Beton im Zustand II, gerissener Beton, wird nicht vorgenommen. 
Auf Seite 131 gibt nach Professor Leonhardt im Jahre 1979 auch König zu, daß es eine Beschränkung der Rißbreiten durch schlaffe Bewehrung nicht gibt. Damit widerlegt König die Behauptung, Risse im Spannbeton seien unschädlich, weil man sie mit schlaffer Bewehrung dauerhaft auf eine unschädliche Breite beschränken könne. Mit dieser Behauptung wird seit 1975 der Bau vorschriftswidriger und deshalb gerissener Spannbetonbrücken durch die Brücken-Mafia gerechtfertigt. Auf Seite 43 und 45 ruft König - wie bereits mitgeteilt - zur strikten Geheimhaltung der "Brückendaten" auf, die dem Zugriff "Unbefugter" zu entziehen seien. 

"Unbefugt" sind nach der Vorstellung Königs alle Fachleute, die nicht der Brücken-Mafia angehören. 
Anfang der 90er Jahre: Die Brücken-Mafia schickt König nach Paris. Dort soll er durchsetzen, daß beim Euro-Code auf die Ermittlung von Spannungen in der statischen Berechnung verzichtet wird. Dies lehnen die nicht-deutschen Vertreter im Euro-Code ab. König wird mit der Auflage heimgeschickt, beim nächsten Mal die zulässigen Spannungen vorzulegen, wie mir ein französischer Kollege berichtete. Einige Zeit später beendet König seine Tätigkeit für die Brücken-Mafia und geht an die Universität Leipzig. Wie bereits mitgeteilt, sind die statischen Berechnungen für Brücken nach dem "deutschen Sonderweg" allesamt falsch, weil die aus den Temperaturlastfällen resultierenden Zugspannungen nicht berücksichtigt werden. Deshalb gab der Normenausschuß Bau 1984 die Vornorm DIN 4227-2 heraus, nach der die Spannungen nicht mehr ermittelt werden mußten. Die bisherige DIN 4277 wurde zur DIN 4227-1. 1987 gestattete das BMV die Anwendung der Vornorm DIN 4227-2 für den Bau der Mainbrücke Stockstadt, einer Takt-Schiebe-Brücke. Beim vorletzten Schiebe-Vorgang stürzte im August 1988 die Brücke in den Main. Es gab einen Toten und sieben, z.T. Schwerverletzte. Die Schiffahrt auf dem Main war monatelang unterbrochen. Dies hinderte die Brücken-Mafia und König nicht daran, wenige Jahre später beim Euro-Code erneut zu versuchen, die Ermittlung von Spannungen zu eliminieren. So viel zur wissenschaftlichen Qualität der kriminellen Vereinigung, über die Sie derzeit noch immer Ihre Hand halten.

Sehr geehrte Herren, sehr geehrte Frau Dr. Merkel, ich kann Sie nicht daran hindern, weiterhin das Volk zu belügen und die ganze Welt zu täuschen. Ich kann Ihnen aber versichern, daß Sie damit nicht mehr weit kommen werden, weil das Verhängnis, das mit dem "deutschen Sonderweg" heraufbeschworen wurde, unaufhaltsam ist. Warum Sie so töricht waren, in den kriminellen Deal einzusteigen, obwohl dieser bereits - deutlich erkennbar - in den letzten Zügen liegt, weiß ich nicht. Selbst in der Wolle gefärbte Nazis witterten gegen Ende des Krieges den fatalen Ausgang des Unternehmens "Tausendjähriges Reich" und versuchten durch Distanzierung von ihrem "Führer" noch schnell den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ihnen aber scheint eine solche Witterung nicht gegeben zu sein. Sonst hätten Sie schon längst den Pakt mit der Brücken-Mafia aufgekündigt, den Mitglieder  Ihrer Parteien schlossen, lange bevor Sie politische Verantwortung und damit das unselige Erbe übernahmen. Derzeit scheinen Sie eher entschlossen zu sein, den Marsch ins Verderben fortzusetzen, bis alles in Scherben fällt und Deutschland vor aller Welt am Pranger steht als eine Nation, die offensichtlich unfähig ist zur Demokratie.

Derzeit fungieren Sie als nachgeborene executioners bei Hitlers Nero-Befehlen. Damals konnten die Sprengsätze in den Brücken in vielen Fällen noch in letzter Minute entschärft werden, von mutigen Männern unter Einsatz ihres Lebens. Die Sprengsätze in den deutschen Spannbetonbrücken, die vorsätzlich erzeugten Risse, können nicht mehr ausgebaut werden. Sie bringen sich selbst zur Zündung. Doch könnten Sie, wenn Sie sich jetzt endlich der Wahrheit stellen, immerhin verhindern, daß dabei Menschen zu Schaden kommen, daß die "abrupte Lebensdauerverringung" eintritt mit "der Quantifizierung von Menschenleben", wie es in der Sprache der Brücken-Mafia heißt. 
Wenn Sie aber zulassen, daß Herr Klimmt jetzt das deutsche Fernstraßennetz privatisiert, d.h. die Verantwortung an Leute delegiert, denen er die Wahrheit verschweigt, verschweigen muß, wenn er den schwer erkrankten Verkehrskörper mit den maroden Brücken an den Mann bringen will, dann wird es zu Katastrophen kommen, die unvorstellbar sind. "Zwei Arten von Bauwerken hat die Menschheit immer für die Ewigkeit gebaut: die Tempel und die Brücken", so sagte der amerikanische Ingenieur Arvid Grant bei der 50-Jahr-Feier der Golden Gate Bridge. Unmittelbar nach der größten Katastrophe unserer Geschichte machte sich eine kriminelle Vereinigung daran, Brücken mit Sollbruchstellen zu bauen, damit sie möglichst bald baufällig werden. Und die Hüter von Rechtsstaat und Demokratie in diesem unserem Lande gaben hierzu Schützenhilfe und tun es immer noch. Sie sind derzeit die obersten Befehlshaber dieser parlementarischen Schutztruppe für eine Gaunerbande, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Es liegt jetzt in Ihrer Hand, wie Sie in die Geschichte eingehen werden, als Retter der Nation oder als Hochverräter.
Mit Hochachtung erst wieder,
wenn Sie sich auf Ihre Pflichten
als Volksvertreter besinnen
Philipp Schreck
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*
Elf Jahre nach dem Erscheinen des Kapitels über das deutsche Desaster beim Brückenbau in dem Buch "Das Galilei Syndrom" trauen sich die Stuttgarter wieder aus den Löchern. Sier wollen noch immer Brücken bauen, die vielleicht schöner (darüber ließe sich streiten), auf alle Fälle aber brüchiger sind:

Die Königsdisziplin der Ingenieure wird verachtet
Was dem Fahrgast im ICE 3 vorenthalten wird:
Der Niedergang der Brückenbaukunst

Die neue ICE-Verbindung zwischen Frankfurt am Main und
Köln, die heute regulär in Betrieb genommen wird, demonstriert auch einen Systemvergleich. Die Streckenführung erfolgt weitgehend - darauf hat der Bund bestanden - parallel zur Autobahn A 3, und das nicht nur, um das
Planfeststellungsverfahren zu erleichtern, Technik und
Geräuschbelastung zu bündeln. Zugleich werden den
motorisierten Zeitgenossen damit die Vorzüge des schnelleren
Verkehrsmittels und die Argumente zum Umsteigen unmittelbar
vor Augen geführt: Selbst Porsche-Piloten müssen leiden, der
Zug verbannt sie auf die Kriechspur. Der Autofahrer aber sieht
nicht nur den ICE 3 und dessen Rücklichter, er erfährt auch,
was dem Bahnkunden vorenthalten bleibt: Wie die neue Strecke eine der schönsten Autobahntrassen mit einer Art Sperrmauer versieht und, von Lärmschutzwällen und -wänden eingefaßt, das Landschaftsbild zerschneidet. Zumal ihre Brücken, insgesamt gibt es achtzehn große, die über Täler und Flüsse führen, nehmen wenig Rücksicht auf die Topographie.

Wie neue Brücken auszusehen haben, ist in den
Rahmenplanungen der Deutschen Bahn AG in allen Einzelheiten festgelegt: Nur keine Experimente, alles Standard. Allein niedrige Kosten sowie, als wäre das nicht selbstverständlich, Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, Dauerhaftigkeit zählen hier, aber nicht eine ästhetische Gestaltung, die die Landschaft respektiert und auf die Besonderheiten des Ortes eingeht: So wurden die Brücken, bei geringen Variationen, alle nach dem gleichen, schon bei den bisherigen Schnellstrecken erprobten Muster errichtet und aus vierundvierzig Meter langen Einfeldträgern zusammengesetzt. Die hohe Kunst des Brückenbaus, Königsdisziplin der Ingenieure, ist nicht gefragt.
Das Erscheinungsbild ist entsprechend: monoton, plump,
langweilig. Oben hui, unten pfui: Die Schienen, die die
schnellsten, elegantesten und modernsten Züge tragen, sind auf Brücken verlegt, die, biederste Konfektion aus dem Baukasten, auf jede unverwechselbare Note verzichten.

Selbst über das Lahntal, beim Passieren des Limburger Doms, in dem rheinische Spätromanik und französische Frühgotik sich vereinen, war nicht mehr als die Standardlösung
vorgesehen. Und die Stütze sollte gar mitten in den Fluß
gepflanzt werden. Dagegen hat Jörg Schlaich, der als
Professor für Konstruktion und Entwurf an der Universität
Stuttgart und Chef eines weltweit operierenden Ingenieurbüros
zu den profiliertesten und phantasievollsten Brückenbauern in
Deutschland gehört, Einspruch erhoben und immerhin bewirkt,
daß der Pfeiler durch einen Bogen ersetzt wird. Mehr erreichen
konnte er nicht: "Ein Kreisbogen mit einer gar noch betonten
Punktlast, das tut weh! Früher hätte sich der Beton einfach
geweigert, so etwas mit sich machen zu lassen", ärgert er sich
in dem Vortrag "Der Bauingenieur und die Baukultur", der 2001
in der Schriftenreihe der Stiftung Bauwesen in Stuttgart
veröffentlicht wurde, und zieht zum Vergleich ein Bauwerk
heran, das sich vor vierzig Jahren, in ärmeren Zeiten und bei
technologisch geringeren Möglichkeiten, ganz anders darstellte:
Die Autobahnbrücke über das enge Glemstal bei
Schwieberdingen, 1962 von H. Bay und W. Tiedje entworfen,
fügt sich, einen sehr viel schöneren Bogen schlagend,
behutsamer und souveräner in die Landschaft ein.

Während Museen, auch Banken und Bahnhöfe mit hohen
künstlerischen Ansprüchen errichtet werden, gelten Brücken,
obwohl nicht minder exponiert in der öffentlichen
Wahrnehmung, als schiere Nutzbauten und inferiore Aufgaben.
Das war, und dafür ist die Glemstalbrücke nur ein Beispiel von
vielen, nicht immer so. Im Niedergang der Brückenbaukunst,
wie sie von dem öffentlichen Bauherrn Deutsche Bahn - der
Bund, der für die Autobahnbrücken zuständig ist, hat sich in
letzter Zeit etwas sensibler gezeigt - gegen die kreative
Rationalität der Ingenieure sanktioniert wird, findet mehr als
eine gestalterische Misere ihren Ausdruck. Denn Brücken sind
immer auch symbolische Bauten, und so spiegeln die Brücken
auf der neuen ICE-Strecke auch den abgestumpften
Pragmatismus eines "Unternehmens Zukunft". Von "Baukultur",
wie das Bundesverkehrsministerium sie propagiert, kann keine
Rede sein, und von Baukunst, die der neue Begriff -
bezeichnenderweise - abgelöst hat, schon gar nicht.
ANDREAS ROSSMANN

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.08.2002, Nr. 176 / Seite 33


Kontakt: E-Mail: schreck@arminwitt.de

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